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Preisinger: Entwicklungschanchen des Tourismus in TRNC


4. Analyse des räumlichen Fremdenverkehrspotentials

4.1 Angebotsstruktur

In Anlehnung an RUPPERT und MAIER (1970) soll das räumliche Fremdenverkehrspotential Nordzyperns einer exakten Analyse unterzogen werden. "Bei der Frage nach der Eignung eines Ortes oder Gebietes für den Fremdenverkehr kann man zwei Gruppen geographischer Grundlagen unterscheiden: natur- und kulturgeographische" (RUPPERT/MAIER 1970, S.15). In die Analyse der physisch-geographischen Grundlagen geht die Bewertung der Oberflächengestalt, der Gewässer, des Klimas, der Tier- und der Pflanzenwelt ein, wobei Formenvielfalt und große Abwechslung günstige Voraussetzungen darstellen.

4.1.1 Eignung der Naturausstattung für den Tourismus

Nachdem in Kaptel 3.1 die physischen Parameter schon vorgestellt wurden, soll hier ein kurzes Resumée der Eignung für den Tourismus gezogen werden sowie eine nähere Betrachtung der besonders relevanten Küsten- und Strandabschnitte.

Insgesamt betrachtet, verfügt Nordzypern über eine große Formenvielfalt und eine interessante Oberflächengestaltung. Die Reliefenergie zwischen der Mesaoria, dem Pentadaktylosgebirge und der Küstenregion um Girne sowie abwechslungsreiche Vegetation bieten als touristisch relevante Naturlandschaft reizvolle Kontraste.

Tab. 3: Temperaturen in Grad Celsius (April, August, Oktober)

Durchschnittliche Tagestemperatur
Durchschnittliche Min. Temperatur
Durchschnittliche Max. Temperatur
Apr./ Aug./ Okt.
Apr./ Aug./ Okt.
Apr./ Aug./ Okt.
Girne
16,9/ 27,9/ 22,2
11,9/ 22,5/ 17,4
21,8/33,2/27,1
Gazimagusa
16,7/ 28,1/ 21,8
10,5/ 21,8/ 15,1
K.A.
Lefkosa
17,1/ 28,9/ 21,3
10,0/ 21,1/ 14,3
K.A.

Quelle: TAKAHASHI/ARAKAWA 1981, S. 232-237

Tab. 4: Tage mit Sonnenschein in %

01
02
03
04
05
06
07
08
09
10
11
12
Gazimagusa
38
46
50
64
76
84
89
88
81
71
57
39
Lefkosa
54
59
64
51
76
85
89
90
87
78
64
55

Quelle: TAKAHASHI/ARAKAWA 1981, S. 241

Die durchschnittlich hohe Sonnenscheindauer bzw. Sonnengarantie ist für den Tourismus günstig (s. Tabelle 4). Aus Tabelle 3 kann man die hohen durchschnittlichen Temperaturen in den Monaten Juli und August ablesen. Das Klimaniveau Zyperns ist dem afrikanischen Küstenklima ähnlicher als dem der anderen Mittelmeerbereiche (WELLENREUTHER 1993, S.18). Somit ist das Klima für europäische Touristen in den Monaten April bis Juni und September/Oktober angenehmer als in den Hochsommermonaten, wenn im August in Lefkosa (44,5C), in Girne (36,4C) und in Gazimagusa (42,0C) Extremtemperaturen auftreten können (WELLENREUTHER 1993, S.19).

Die Strände und ihre Beschaffenheit entsprechen nicht den Vorstellungen und Anforderungen der Touristen. Es überwiegen Fels- oder Kiesstrände, die nur durch künstlich aufgeschüttete Sandstrände ergänzt werden und häufig auch nur schwer zu erreichen sind (Karpas-Halbinsel). Darüber hinaus sind die Strände Nordzyperns im Vergleich zu den Stränden anderer Mittelmeerregionen sehr stark verschmutzt (s. Foto 1).

Selbst in Girne, dem wichtigsten Touristenort Nordzyperns, findet man keinen natürlichen Sandstrand, sondern nur das betonierte Badeplateau des Dome Hotels (s.Foto 2). Ca. 3 km westlich von Girne, in Karaoglanoglu, und ca. 8 km westlich Girnes in der Höhe des Deniz Kizi Hotels, trifft man auf kleine Sandbuchten, . Bei den hoteleigenen Stränden wird in der Hochsaison meist ein Eintrittsgeld verlangt. Bei Alsancak, unterhalb des Denkmales, das zu Ehren der Landung türkischer Truppen 1974 errichtet wurde, befindet sich der Five Mile Beach, ein Natursandstrand, der auch in zahlreichen Prospekten als landestypisch vorgestellt wird (s. Foto 3). Im Bereich der Bucht von Güzelyurt (Güzelyurt Körfezi) trifft man auf eine vierzig Kilometer lange Sand-Kies Küste, deren Erreichbarkeit jedoch noch heute Schwierigkeiten bereitet. 8 km östlich von Girne liegt der Acapulcostrand. Im Anschluß daran erstrecken sich der Larastrand sowie der 13 Meilen Strand, der aus natürlichen Sanddünen besteht. Wie in Kapitel 3.1 erwähnt, trifft man im Bereich der Ostküste auf Natursandstrände, wie z.B. den Clapsides Strand zwischen Gazimagusa und Salamis. Der kilometerlange Sandstrand von Varosha ist aber seit der Teilung 1974 für Touristen nicht mehr zugänglich. Direkt im Anschluß an den Strand des Park Hotels in Gazimagusa verläuft der Stacheldraht. An der Südküste der Karpashalbinsel befinden sich ebenfalls feinsandige Strände mit hohen weißen Dünen (s. Foto 4), während die Nordküste wiederum zum Baden ungeeignet ist (s. Karte 1).

Die Karpashalbinsel insgesamt, ehemals Sperrgebiet der türkischen Armee, ist nur schwer zu erreichen. Die Fahrt von Girne bzw. Gazimagusa dauert ca. 3 bis 4 Stunden (Voraussetzung ist ein Mietwagen, da es keine öffentlichen Verkehrsverbindungen gibt), so daß sich ein Tagesausflug nicht lohnt. Zudem fehlt aber die nötige touristische Infrastruktur (es gibt nur zwei Hotels - das Golden Beach und das Blue Sea - wobei nur letzteres für Übernachtungen geeignet ist. Beide Hotels werden in keiner Broschüre erwähnt, so daß es für den Individualtouristen schwierig ist, dies in Erfahrung zu bringen). Zwar bieten die Reiseagenturen organisierte Tages-Touren zur Karpashalbinsel an, aber angesichts der Entfernung und der Straßenverhältnisse erscheint dies als unsinnig. Der Besuch der Kulturhistorischen Zeugnisse auf der Karpas-Halbinsel (das St. Andreas Kloster oder Ayios Thyrsos und Ayios Philon) gestaltet sich ebenfall schwer (vgl. auch Kapitel 4.1.2).

Die starke Verschmutzung der Strände stellt ein gravierendes Problem dar, das auch von den Touristen als besonders schwerwiegend eingestuft wird. Es handelt sich hierbei um angeschwemmten Plastikmüll aus Ägypten, Israel, dem Libanon und Syrien. Hinzu kommt der Abfall von Picknicks der Zyperntürken. Gefährdet sind die Strände aber auch durch fehlende Kanalisationsanlagen. Die nordzyprische Regierung ruft zwar alljährlich zu gemeinsamen Strandaufräumarbeiten auf, doch das Ergebnis ist nicht befriedigend.

4.1.2 Die touristische Infrastruktur

"Wichtiger für die Bewertung eines Erholungsraumes sind im heutigen Fremdenverkehr jedoch die kulturgeographischen Faktoren" (RUPPERT/MAIER 1970, S. 16). Hierzu zählen die Bevölkerung, die historische Entwicklung der Region, Institutionen des Fremdenverkehrs, Verkehrs-, Ver- und Entsorgungseinrichtungen und sonstige Infrastruktur. Da die Bevölkerung bzw. der historische Abriß schon in vorangegangenen Kapiteln thematisiert worden sind, wird an dieser Stelle die touristische Infrastruktur vorgestellt. Nach einer rein deskriptiven Darstellung der Angebotsstruktur wird die Nachfragestruktur einer Analyse unterzogen, wobei die Ergebnisse der Touristenbefragung, die im April 1994 in Nordzypern durchgeführt wurde, ebenso wie die Expertengespräche in die Bewertung eingehen. Im Anschluß daran wird der Versuch unternommen, eine Bewertung dieser touristischen Einrichtungen vor dem Hintergrund neuester touristischer Trends gerade im Hinblick auf zukünftige Entwicklungs- und Planungsmöglichkeiten, vorzunehmen.

Hotels (Quantität, Qualität und räumliche Verteilung)

Nordzypern verfügt derzeit (Stand 1993) über eine Kapazität von 7017 Betten in insgesamt 74 touristischen Einrichtungen. Es gibt 3 5-Sterne-Hotels, 5 4-Sterne-Hotels, 18 3-Sterne-Hotels, 28 2-Sterne-Hotels und 20 1-Stern-Hotels (TURIZM ISTATISTIKLERI 1994, S.8). 39 dieser Betriebe sind Hotels, 16 Hotel-Appartmentanlagen und 19 Bungalowanlagen. Hierbei muß angemerkt werden, daß auch Mischfomen vorhanden sind, wie z.B. das Salamis Bay Hotel in Gazimagusa, das alle drei Kategorien unter "einem Dach" vereint oder die Celebrity Gruppe in Lapta, die neben einer Hotelanlage auch ein Bungalowdorf besitzt. Die Prädikatisierung in Anlehnung an den vom Ministerium für Tourismus, Transport und Öffentlichen Dienst herausgegebenen Übersichtsplan berücksichtigt jedoch die zuerst genannten Symbole (s. Abb. 11).

Abb. 11: Übersichtskarte über die touristischen Einrichtungen Nordzyperns
Abbildung

Die Bedeutung Girnes als Hauptfremdenverkehrsort läßt sich durch die räumliche Verteilung der touristischen Unterkünfte leicht belegen. Diese Region (Girne, Bellapais, Lapta) umfaßt insgesamt 52 der Einheiten, welches einem Anteil von 71 % entspricht (1990 lag der Anteil noch bei 57,9 %; MARTIN 1993, S.359). Gazimagusa hingegen zählt 19 (25 %) und Lefkosa 3 (4 %) Einheiten. Die Karte 2 (s. S. dient der Verdeutlichung der räumlichen Verteilung, wobei eine Unterscheidung nach Hotelkategorien vorgenommen wurde.

Betrachtet man die Unterkünfte gesondert nach den drei verschiedenen Kategorien, so zeigt sich, daß 84 % aller Bungalowanlagen, 66 % aller Hotels und 62,5 % der Hotel-Appartmentanlagen in der Region Girne zu finden sind. Girne verfügt mit insgesamt 4477 Betten über 64 % der Gesamtkapazität, Gazimagusa hat 2312 Betten (33 %) und Lefkosa 228 (3 %) (s. Karte 3).

Interessant in diesem Zusammenhang ist die Frage nach der quantitativen Bedeutung der einzelnen Unterkunftssparten, d.h. wie sich die Gesamtbettenanzahl auf diese verteilt. Dabei werden die beiden Kategorien "Hotel-Appartments" und "Bungalowanlagen" zu einer Gruppe zusammengefaßt.

Folgende Übersicht stellt den Ist-Zustand dar:

Tab. 5: Bettenkapazität nach der Art der Unterkunft und der Region (absolut und in %)

Region
Hotels
Hotel-App./ Bungalows
Gesamt
Girne
2145 (47,9 %)
2332 (52,1 %)
4477 (100 %)
Gazimagusa
1766 (76,3 %)
546 (23,7 %)
2312 (100 %)
Lefosa
198 (86,8 %)
30 (13,2 %)
228 (100 %)
Gesamte Kapazität
4109
2908
7017

Quelle: TURIZM ISTSTISTIKLERI 1994; eigene Berechnungen

Bezieht man darüber hinaus die geplanten und die bereits fertiggestellten, aber noch nicht eröffneten Objekte mit ein, so ergibt sich folgendes Bild:

Tab. 6: Bettenkapazität nach der Art der Unterkunft und der Region (absolut und in %) nach Berücksichtigung der geplanten und fertiggestellten, aber noch nicht eröffneten Objekte

Region
Hotels
Hotel-App./ Bungalows
Gesamt
Girne
2301 (43,8 %)
2948 (56,2 %)
5249 (100 %)
Gazimagusa
2026 (75 %)
692 (25 %)
2718 (100 %)
Lekosa
198 (86,8 %)
30 (13,2 %)
228 (100 %)
Gesamte Kapazität
4525
3670
8195

Quelle: Eigene Berechnungen

Nach Einbeziehung der geplanten Einheiten zeigt sich eine weitere Verschiebung zugunsten des Bungalowstils (s. Karte 4). Hierbei handelt es sich um ein- bis zweistöckige Objekte mit separatem Eingang, meist für Familien konzipiert. Dieser Baustil, der sich gut der Landschaft anpaßt, verspricht dem Gast eine größere Individualität und freiere Gestaltung des Tagesablaufes. Als gelungenes Projekt kann in diesem Fall das zwei Jahre alte Hilarion Village in Karaman (südlich von Girne) angeführt werden, wo Naturstein als Baumaterial landschaftsbewußt eingesetzt wurde. Gemäß behördlicher Bauvorgaben darf in den Hang- und Bergregionen höchstens dreistöckig gebaut werden (lt. Gespäch mit Herrn Caner K. Yolga, Manager des Hilarion Village). Der zunehmende Bau von Bungalowanlagen wirkt sich jedoch negativ auf den Landschaftsverbrauch aus.

In Gazimagusa und Umgebung dominieren weiterhin Hotelanlagen, während in Lefkosa in naher Zukunft keine Bauvorhaben zu verzeichnen sind. In der folgenden Analyse wird Lefkosa nicht mehr berücksichtigt, da das Saray Hotel, das Lapethos Nicosia und das Soli Inn für den Urlaubstourismus aufgrund ihrer Innenstadtlage und geringen Attraktivität bezüglich der Ausstattung keine Bedeutung haben.

Aufschluß über die Art und Qualität des Bettenangebotes in Nordzypern gibt die quantitative Analyse innerhalb der unterschiedlich klassifizierten Hotels (5-Sterne-Hotels bis 1-Stern-Hotels). In diesem Fall muß darauf hingewiesen werden, daß ein 5-Sterne- oder 4-Sterne-Hotel in Nordzypern nicht mit einem 5- bzw. 4Sterne-Hotel in Deutschland zu vergleichen ist. Es gibt insgesamt 504 Betten (7,2 %) in 5-Sterne-Hotels, 2024 Betten (28,8 %) in 4-Sterne-Hotels, 2534 Betten (36,1 %) in 3-Sterne-Hotels, 1383 Betten (19,7 %) in 2-Sterne-Hotels und 572 Betten (8,2 %) in 1-Stern-Hotels. Die Zahlen verdeutlichen die Dominanz der Bettenkapazität in Mittelklassehotels, während das Bettenangebot in 5-Sterne-Hotels noch sehr gering ist. Die Bettenzahl in 1-Stern-Hotels hat sogar einen größeren Anteil am Gesamtaufkommen als die in den 5-Sterne-Hotels. Bei der späteren Bewertung der Hotels werden sämtliche 1-Stern-Hotels aus der Analyse herausgenommen, da sie den Anforderungen des internationalen Tourismus nicht entsprechen und auch nicht in den Prospekten erscheinen. Die Anzahl der zu untersuchenden Hotels reduziert sich ebenfalls um jene Objekte, die ausschließlich türkischen und einheimischen Touristen vorbehalten sind, wie z.B. das Sema Hotel-Appartment, das Kutup I Hotel-Appartment und das Altun Tabya Hotel in Gazimagusa-Stadt oder das Bayburk Hotel im Zentrum von Girne, das zu einem Studentenwohnheim umfunktioniert wurde (Stand April 94).

Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die fremdenverkehrsrelevanten Einrichtungen Girnes, den Hauptfremdenverkehrsort Nordzyperns. Tendenziell können die Ergebnisse aber auch auf Gazimagusa übertragen werden. Zur Erfassung der fremdenverkehrsrelevanten Einrichtungen in Girne wurde eine Kartierung im Bereich des Hafens durchgeführt (s. Karte 5), da dieses Gebiet das "touristische Zentrum" der Stadt darstellt. Das Kartiergebiet erstreckt sich in Ost-West-Richtung zwischen dem Kastell und dem Dome Hotel und in Nord-Süd-Richtung zwischen der Hafenpromenade und der Hüriyet-Caddesi, die die südliche Grenze darstellt. Wie aus der Kartierung ersichtlich wird, konzentriert sich das Angebot an Restaurants und Bars lediglich auf die Hafenpromenade. Das Angebot der Restaurants ist allerdings nicht sehr vielfältig. Abgesehen von einem italienischen Restaurant (neben der Cafer-Pascha-Moschee) wird hier ausschließlich die einheimische Küche präsentiert. Im verbleibenden Kartiergebiet trifft man auch nur noch vereinzelt auf Snackbars (Atila Sokak, Canbulat Sokak, Ersin Aydin). Die Frontseite des Hafens ist tourismusgerecht gestaltet, jedoch schon eine Parallelstraße weiter in Richtung Hüriyet Caddesi verändert sich das Bild schlagartig. Enge, verwinkelte Gassen (s. Foto 5) kennzeichnen die Situation.

Innerhalb des Kartiergebietes wurden auch die Einzelhandelsgeschäfte berücksichtigt (s. Karte 6) und das Angebot hinsichtlich ihrer Eignung für den Tourismus beurteilt. In diesem Fall soll das für türkische Touristen interessante Angebot (Elektro- und Spielwarengeschäfte) ausgeklammert werden.

Als für "europäische Touristen geeignet" wurden folgende Einzelhandelsgeschäfte eingestuft:

Als für "europäische Touristen nicht geeignet" gelten im folgenden:

Wie aus der Kartierung hervorgeht, gibt es derzeit noch keine durchgängige Ladenzeile mit hochwertigen, für den internationalen Tourismus geeigneten Geschäften. Auffällig sind neben der unregelmäßigen Anordnung, leerstehende Läden oder brachliegende Grundstücke (s. Foto 6, 7). Südlich der Hüriyet Caddesi setzt sich dieses Bild fort. Erste Ansätze einer Innenerweiterung in Form von Passagenbau konnten festgestellt werden (s. Karte 6, P=Passage).

Nordzypern verfügt aufgrund seiner geschichtsträchtigen Vergangenheit über eine große Anzahl an historischen Stätten und Sehenswürdigkeiten. Im folgenden sollen nur die bedeutendsten Ausflugsziele vorgestellt werden. Vollständige Beschreibungen können den Kunst- und Reiseführern entnommen werden.

1. Girne und Umgebung

2. Gazimagusa und Umgebung

3. Lefkosa

4. Güzelyurt und Umgebung

Wichtiger in diesem Zusammenhang ist die Frage nach der Erreichbarkeit der historischen Stätten, ihrem Zustand sowie der touristischen Relevanz bzw. ihrer Vermarktung. Exemplarisch sollen drei Stätten vorgestellt werden, um die Problematik zu verdeutlichen.

1. Salamis: Salamis ist Bestandteil der üblichen Tagespauschaltouren, die entweder in den Hotels von den Reiseveranstaltern direkt angeboten werden aber auch in den örtlichen Reisebüros buchbar sind. Salamis liegt ca. 10 km nördlich Gazimagusas, an der Küstenstraße nach Dipkarpaz. Für Touristen aus Girne muß mit einer Anfahrtszeit von ca. 1 Std. (75km) gerechnet werden (Mietwagen). Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist die Anreise dagegen umständlich (Bus bzw. Dolmus bis Gazimagusa, Taxi bis Salamis). Die Ausschilderung kann als gut bezeichnet werden. Mangelhaft hingegen ist die Beschilderung innerhalb der Ruinenanlage, d.h. erklärende Hinweistafeln fehlen, Informationsbroschüren sind nur am Eingang erhältlich (schlechte Qualität). Die einheimischen Reiseführer verfügen über keine fachspezifische Ausbildung, sind vielmehr nur angelernte Kräfte mit unzureichenden Fremdsprachenkenntnissen.

2. Buffavento: Die Burg war bis 1993 militärisches Sperrgebiet, d.h. erst seit einem Jahr dem Tourismus zugänglich. Buffavento ist deshalb auch nicht im gängigen Angebot zu finden, sondern nur bei organisierten Wanderreisen (quantitativ noch unbedeutend) im Programm. Eine touristische Infrastruktur (Infotafeln, Erfrischungsstand, Toiletten) fehlt völlig. Die Anreise mit dem Bus ist aufgrund der schlechten Verkehrsverhältnisse unmöglich; mit dem PKW dauert die Anfahrt von Girne ca. 45 Minuten. Fehlende Entfernungsangaben erschweren jedoch den Besuch.

3. St. Andreas Kloster: Das Kloster liegt am östlichsten Ende der Karpashalbinsel, ca. 3 Std. von Girne und 2 Std. von Gazimagusa entfernt. Aufgrund der Entfernung gehört es auch nicht zum Standardrepertoire und kann nur als spezielle Tagestour im Hotel gebucht werden. Da auch hier wieder fachkundige Führung bzw. Informationsbroschüren fehlen, hat dieses Ausflugsziel für den Individualtourismus keine Bedeutung erlangt.

Als Fazit kann man festhalten, daß Nordzypern das reichhaltige, kulturelle Angebot bislang nicht fachgerecht bzw. "touristengerecht" vermarktet. Neben fehlenden Angeboten für Individualtouristen, muß die Ausstattung bemängelt werden. Die Pflege und Nutzung des kulturellen Erbes sollte zudem Teil eines übergeordneten touristischen Rahmenplanes werden, um die Zukunft dieser Stätten zu sichern.

Im Hinblick auf Diversifizierungsmöglichkeiten können die historischen Stätten ebenfalls in das Programm integriert werden. Kulturelle Veranstaltungen (Gesangs- bzw. Opernveranstaltungen, Ballett und Theatervorstellungen vor antiker Kulisse gewinnen immer mehr an Bedeutung).

Im folgenden sollen weitere, touristisch relevante Einrichtungen vorgestellt werden.

a) Reiseagenturen

In Nordzypern unterscheidet man zwei Arten von Reiseagenturen, Kategorie A und B. Während die Agenturen der Kategorie B lediglich für Ticketing zuständig sind, unterliegt den Reiseagenturen der Kategorie A das Incominggeschäft, die Organisation von Auslandsreisen ebenso wie die Durchführung von Inseltouren, der Flughafentransfer und die Vermarktung der ansässigen Hotels. Die Agenturen, zu denen Birinci, Libra-Tours, Roots Turizm (größte Agentur), Saro & Sammy's Turizm (A&A) und Nuri Turizm (nur noch mit eingeschränkten Kompetenzen) gehören, haben sich in der Dachorganisation KITSAB zusammengeschlossen, deren Vorsitzender Ahmet Necati Özkan ist. Einerseits unterliegen die "A-Agenturen" diversen Auflagen, d.h. sie müssen u.a. 10.000 Übernachtungen pro Jahr verkaufen, um nicht den A-Status zu verlieren, andererseits stehen sie aber auch unter dem Schutz der Organisation. Es ist den Hotels in Nordzypern untersagt, direkt mit ausländischen Vertragspartnern Geschäfte abzuwickeln. Verstöße werden mit Geldstrafen geahndet.

Innerhalb des Kartiergebietes gibt es zwölf Reiseagenturen (s. Anhang 7, s. Karte 6). Nur die Agentur Bicen (Nr.10) veranstaltet Inseltouren und Bootstrips in englischer Sprache in Verbindung mit einem Moped- und Fahrradverleih. Die restlichen elf Agenturen sind lediglich Ticketing-Agenten der Kategorie B oder Veranstalter für türkische Touristen. Geführte Inseltouren werden über Reiseveranstalter wie ATT-Reisen, Asya Reisen oder Öger Tours direkt in den Hotelanlagen vermittelt. Für den Pauschaltouristen ist die Organisation von Ausflügen daher kein Problem. Schwieriger ist die Situation für den Individualtouristen, da die ansässigen Reiseagenturen keine englisch- oder deutschsprachig geführten Touren vermitteln können. Das Problem ist, daß auf diese Art und Weise keine Devisenverdienste im Land selbst erzielt werden, sondern der Großteil der Gewinne beim ausländischen Reiseveranstalter verbleibt.

b) Autovermietung/Öffentlicher Nahverkehr

Nordzypern verfügt über ein ausreichend großes Angebot an Autovermietstationen. Er-Ar, Sun, Oskar, Canli Balik, Atlantic, Pacific oder Dervs haben ihre Vertretungen u.a. in Girne und Gazimagusa. Die Kosten für einen Mietwagen belaufen sich auf ca. 40,- DM pro Tag (Stand 1994).

Es gibt regelmäßige Busverbindungen zwischen Girne und Lefkosa sowie zwischen Lefkosa und Gazimagusa, ebenso zwischen Girne und Güzelyurt. Keine Direktverbindung besteht jedoch zwischen Girne und Gazimagusa. Entweder nimmt man den Umweg über Lefkosa in Kauf oder man mietet sich ein Sammeltaxi (Dolmus, Preis ca. 4,­ DM pro Person, Stand 1994). Umliegende Dörfer werden nur zwei bis dreimal täglich bedient. "Within the island, the perceived inadequacy of the road network and public transport is also a problem. Taxis are the most commonly used means of transport among tourist" (AKIS/WARNER 1994, S. 382). Laut einer Umfrage, die von der Eastern Mediterranean University im Frühjahr 1992 durchgeführt wurde, nutzen die Touristen den öffentlichen Nahverkehr nur selten, da Sprachbarrieren (z.B. bei der Ermittlung der Fahrtzeiten) bestehen und viele Straßen schlecht ausgebaut sind. Hinzu kommt das Problem der mediterranen Fahrweise.

Die Reiseveranstalter bieten Inseltouren in eigenen Bussen an. Für den Individualtouristen, der die Insel selbst kennenlernen möchte, ist der Mietwagen aber unersetzlich. Dasselbe gilt für Urlauber, die in Hotels abseits der zentralen Orte wohnen (z.B. im Olive Tree in Catalköy), obwohl die Mehrzahl der Hotels über einen Shuttleservice, entweder nach Girne oder Gazimagusa, oder an die bekanntesten Strände verfügt.

c) Sport- und Unterhaltungsangebot

Nordzyperns Sportangebot ist im Gegensatz zu dem anderer Mittelmeerdestinationen noch gering und direkt vom gebuchten Hotel abhängig. Angeboten werden u.a Tennis, Volleyball, Surfen und Wasserski, wobei letzteres nur im Deniz Kizi Hotel (ca. 8 km westlich von Girne) und im Acapulco Feriendorf angeboten wird. Populäre Sportarten wie Mountainbiking, Free-Climbing, Reiten, Arobic, Jetski oder Golf, die heutzutage wesentlicher Bestandteil von Aktivurlauben geworden sind, fehlen.

d) Casinos/Sonstige Unterhaltung

"Recently North Cyprus has been diversifying into 'casino' tourism: there are now 10 licensed casinos in the country, all based in big hotels" (AKIS/WERNER 1994, S. 386). Casinos befinden sich u.a. im Liman Hotel, im Grand Rock Hotel sowie im Jasmine Court Hotel. Die Casinos werden hauptsächlich von türkischen Touristen besucht.

Gerade für jugendliche Urlauber ist das touristische Angebot nicht sehr attraktiv. Abgesehen von wenigen Diskotheken, die nicht dem europäischen Standard entsprechen, einigen Bars und Cafés, die sich um den Hafen konzentrieren, fehlt es an Unterhaltungsmöglichkeiten. Da die Mehrzahl der Besucher älter als 45 Jahre ist, wurden bislang entsprechende Überlegungen und Planungsinitiativen unterlassen.

4.2 Nachfragestruktur

4.2.1 Konzeption und Aufbau des Fragebogens

Zur Ermittlung der Nachfragestruktur bzw. der Kundenwünsche wurde eine Fragebogenerhebung durchgeführt.

Innerhalb der empirischen Sozialforschung stellt das persönliche Interview anhand eines standardisierten Fragebogens die gebräuchlichste und am besten erforschte Erhebungsform dar. Es handelt sich hierbei um eine stark strukturierte Interviewersituation. Zum einen werden allen Befragten die gleichen Fragen in gleicher Reihenfolge gestellt, um eine vergleichbare Situation herzustellen, zum anderen wird vom Interviewer Neutralität und strikte Einhaltung des Fragebogens erwartet.

Der Fragebogen (s. Anhang 8) umfaßt insgesamt 20 Fragen. Die geschlossene Frageweise (Antwortvorgaben) wurde bevorzugt, vor dem Hintergrund der schnelleren Auswertmöglichkeiten, besseren Vergleichbarkeit und einem geringeren Interviewereinfluß. Neben demographischen Merkmalen, die zum Zwecke der Vergleichbarkeit mit der amtlichen Statistik Nordzyperns dienen, wurden Meinungs- und Verhaltensfragen gestellt, die die Erwartungshaltung der Probanden, ihre Zufriedenheit und ihre geplanten Aktivitäten hinterfragen und somit Grundlage für Planungsentscheidungen bilden.

Eine Stichprobe sollte mindestens 300 Befragungen umfassen. Die Anforderungen an eine Stichprobe sind dergestalt, daß die Ergebnisse auf eine vorher definierte Grundgesamtheit übertragbar sein müssen. Die Grundgesamtheit stellt eine Menge von Objekten dar, für die die Aussagen der Untersuchung gelten sollen ("target population"). Man unterscheidet zwischen einer Vollerhebung (wenn alle Personen einer Grundgesamtheit befragt werden) und einer Teilerhebung.

Die folgende Abbildung verdeutlicht die in den Sozialwissenschaften gebräuchlichen Auswahlverfahren:

Abb. 12: Übersicht über Auswahlverfahren

Abbildung

Quelle: SCHNELL/HILL/ESSER 1992, S.285

Gemäß der Übersicht handelt es sich bei der durchgeführten Touristenbefragung um eine Quotenauswahl, d.h. die Elemente wurden nach festen Regeln ausgewählt, unter der Prämisse, daß bestimmte Merkmale in der Auswahl genauso häufig vorkommen wie in der Grundgesamtheit. "Bei der Erstellung einer Quotenauswahl wird den Interviewern eine 'Quotenvorgabe' zugeteilt, die angibt, wieviele Personen mit einem bestimmten Merkmal oder einer bestimmten Kombination von Merkmalen sie befragen müssen" (SCHNELL/HILL/ESSER 1992, S. 309).

Bei der zugrundeliegenden Befragung wurde die Grundgesamtheit durch alle potentiellen Touristen Nordzyperns definiert. Die Auswahlgesamtheit umfaßt in diesem Fall jedoch nur Touristen deutscher oder britischer Herkunft. Mit dem Ziel, die Ergebnisse mit der amtlichen Statistik von Nordzypern zu vergleichen, um einerseits einen Trend im Bereich des Fremdenverkehrs verifizieren zu können, andererseits um Veränderungen aufzudecken, wurden die für die Befragung relevanten Kriterien folgendermaßen bestimmt:

1. In Anlehnung an die Daten der "Turizm Istatistikleri" (1992) soll das Befragungsverhältnis nach Regionen im Verhältnis 2:3 stehen, d.h. 2/3 (200) aller Befragten stammen aus der Region Girne, 1/3 (100) aus Gazimagusa.

2. Bei der Verteilung der Nationalitäten wurden folgende Gesichtspunkte zugrundegelegt: Da Girne ein traditionell britischer Fremdenverkehrsort ist, wurden hier 120 Briten und 80 Deutsche befragt. In Gazimagusa hingegen dominieren bislang die deutschen Touristen, so daß die Befragung bei 70 Deutschen und 30 Engländern durchgeführt wurde.

3. Außerdem sollte das Kriterium "Unterkunft" bei der Befragung berücksichtigt werden, d.h. es sollten alle Hotelkategorien (2 Sterne bis 5 Sterne, vgl. Kap. 4.1.2) abgedeckt werden, um Verzerrungen hinsichtlich der Zufriedenheitsstruktur zu vermeiden.

Argumente, die für eine Quotenauswahl sprechen, sind eine kostengünstigere und preiswertere Struktur. Außerdem fehlt eine Liste über die Grundgesamtheit, aus der Zufallsstichproben gezogen werden könnten.

"Die Bezeichnung einer Stichprobe als repräsentativ ist nur im Sinne des Prinzips der Zufallsauswahl zu verstehen" (SCHNELL/HILL/ESSER 1992, S. 314). Die zugrundeliegenden Parameter eines Zufallsprozesses basieren auf der berechenbaren Wahrscheinlichkeit, daß ein Element der Grundgesamtheit in die Stichprobe gelangt und daß diese Wahrscheinlichkeit größer Null ist. Da beide Faktoren für die Quotenauswahl nicht zutreffen, darf von einer Repräsentativität im klassischen Sinn nicht gesprochen werden. Vielmehr muß der Begriff als Bezeichnung für eine Stichprobe, die für einen bestimmten Zweck ausreicht, relativiert werden.

Von insgesamt 300 Fragebögen konnten lediglich 252 valide Fälle in die Datenanalyse eingehen. Zum einen sind Ausfälle auf abgebrochene Interviews zurückzuführen, zum anderen wurden die Eintagestouristen aus Südzypern nachträglich von der Auswertung ausgeschlossen.

Um die Brauchbarkeit und Gültigkeit eines Fragebogens zu überprüfen, bedarf es in der Regel eines Pretests. Im vorliegenden Fall konnte dieser aus zeitlichen, finanziellen und organisatorischen Gründen nicht durchgeführt werden.

Neben Interviewereinflüssen können auch "Response Errors" auftreten. Darunter sind einerseits die explizite Verweigerung einer Antwort (Item-Non-Response), andererseits die Abgabe einer "Weiß-nicht"-Antwort (Meinungslosigkeit) zu verstehen. In beiden Fällen müssen diese Antwortausfälle inhaltlich interpretiert werden.

Die Befragung der Touristen fand im Zeitraum vom 4.4.-8.4.1994 statt und wurde von insgesamt elf Interviewern durchgeführt. Erhoben wurde z.T. direkt in den Hotels und Appartmentanlagen oder an touristisch interessanten Orten, z.B. am Hafen von Girne, in der Ruinenstadt Salamis sowie im Zentrum Gazimagusas, nahe der Lala Mustafa-Moschee.

4.2.2 Datenaufbereitung und Interpretation

Mit Hilfe des Auswertungssystems SPSS/PC+ (Superior Performing Software Systems) wurden die erhobenen Daten aufbereitet und unter dem Gesichtspunkt der Forschungsfrage analysiert.

Bei der Frage nach dem Herkunftsland (Frage 1) wurden 170 Deutsche und 68 Briten registriert. 13 Probanden entfielen auf die Kategorie "Sonstiges", sie stammten aus Israel, Finnland oder Österreich. Bei einem Fragebogen fehlt die Angabe des Herkunftslandes, so daß einmal die Antwortkategorie "keine Angabe" vergeben werden mußte.

Die Tatsache daß deutsche Probanden bei der Befragung mit 65 % überrepräsentiert sind, ist auf die zunehmende Zahl deutscher Touristen in Nordzypern zurückzuführen. Wie aus zahlreichen Gesprächen mit Hoteliers und anderen Experten des Tourismussektors in Erfahrung zu bringen war, ist die Zahl deutscher Touristen wie auch die der österreichischen Urlauber gestiegen. Als neue Gruppe sind überraschenderweise israelische Reisende hinzugekommen. Diese Entwicklung konnte nicht durch den Fragebogen verifiziert werden, da dessen Konzeption auf Deutsche und Briten ausgerichtet war.

Die Frage nach dem Alter (Frage 2) hat folgendes Ergebnis geliefert:

Tab. 7: Altersgruppen der Probanden

Altersgruppen
n
 %
0-14
3
1,2
15-19
4
1,6
20-24
11
4,4
25-29
19
7,5
30-44
93
36,9
45-64
109
43,3
>= 65
12
4,8
K.A.
1
0,4
Gesamt
252
100

Quelle: Eigene Erhebungen April 1994

Knapp die Hälfte aller Befragten ist der Altersgruppe der 45 bis 65-jährigen zuzuordnen. Die Altersgruppe der 30 bis 44-jährigen belegt mit 36,9 % den zweiten Rang, während die Gruppe derjeniger, die das 30. Lebensjahr noch nicht erreicht haben, nur 14,7 % ausmacht. Dies Ergebnis korreliert mit den amtlichen Statistiken, und es spiegelt genau den Tatbestand wider, daß Nordzypern bislang keine Destination für jugendliche Urlauber ist. Die Ermittlung demographischer Daten erlaubt hier Rückschlüsse auf den Handlungsbedarf.

Von den 252 Befragten waren 132 (52,4 %) männlich und 120 (47,6 %) weiblich (Frage3). Da die Zahlen annähernd gleiche Werte haben, konnte keine geschlechterspezifische Präferenz der Fremdenverkehrsregion festgestellt werden. Der Unterschied, zu den Zahlen in den offiziellen Statistiken (56,6 % zu 43,4 %), d.h. der leichte Männerüberschuß, kann dadurch erklärt werden, daß hier die türkischen Arbeitsimmigranten impliziert sind.

Die Frage 4, ob es sich um den ersten Aufenthalt in Nordzypern handelt, haben 182 Probanden (72,2 %) mit "ja" beantwortet. Nur 69 (27,4 %) waren in der Vergangenheit schon einmal in Nordzypern. Dieses Ergebnis ist sicherlich darauf zurückzuführen, daß Nordzypern ein relativ neues Zielgebiet in der Angebotspalette ist. Interessant aber ist die Tatsache, daß diejenigen, die zum wiederholten Male in Nordzypern waren, oft schon mehr als zweimal die Region besucht haben. Ein ähnliches Ergebnis liefert die Umfrage der EMU von 1992, "one-fifth had visited the country three times or more already" (AKIS/WARNER 1994, S. 382).

Bei der fünften Frage wurde der Zweck der Reise hinterfragt, d.h. ob es sich um eine Urlaubsreise handelt oder ob sonstige Gründe für den Aufenthalt ausschlaggebend waren. In diese Kategorie fallen z.B. Geschäftsreisende oder Besucher von in Nordzypern ansässigen Personen. Die überwiegende Mehrheit, 96,8 % der Probanden, sind ausschließlich Urlaubsgäste. Lediglich 7 (2,8 %) gaben sonstige Gründe an.

Bei der sechsten Frage handelt es sich um eine Filterfrage, sie wurde nur den Befragten, die bei Frage 5 die Urlaubsreise als Motiv angegeben haben, gestellt. Mit Hilfe dieser Frage sollen die Schwerpunkte des Aufenthaltes definiert werden, wobei Mehrfachnennungen möglich waren.

Abb. 13: Urlaubsart (Aktiv-Erholungs-Kultururlaub)

Quelle: Eigene Erhebungen, April 1994

Die Abbildung zeigt deutlich, daß die Erholung das Hauptmotiv darstellt. Der Besuch von Kulturstätten wird von mehr als der Hälfte der Besucher als Grund angegeben, wohingegen der Aktivurlaub (sportliche Aktivitäten) in Nordzypern keine Rolle spielt. Dies hängt zum einen mit der Besucherzusammensetzung zusammen, d.h. die ältere Generation sucht eher die Erholung. Zum anderen schließt das mangelnde Angebot an Sport- und Unterhaltungsmöglichkeiten einen Aktivurlaub von vornherein aus.

Die drei folgenden Fragen (7 bis 9) thematisieren den Aspekt, in welchem Maße Nordzypern an den Einnahmen aus dem Fremdenverkehr partizipiert, d.h. wie hoch die Wertschöpfungsquote ist.

67,1 % der Befragten haben Nordzypern im Rahmen einer Pauschalreise besucht. Bei 32,5 % handelte es sich um Individualreisende.

54 % der Besucher haben einen Wagen gemietet. Von 2 Befragten (0,8 %) liegt keine Antwort vor.

Frage 9 ermittelt die durchschnittlichen Wochenausgaben pro Person, d.h. jene Ausgaben, die direkt in der Region getätigt werden. Mit Hilfe dieser Daten wird im allgemeinen die Wertschöpfung pro Uraubsort/pro Woche ermittelt. Vorangeschickt werden muß, daß es bei dieser Frage zu extrem vielen Antwortverweigerungen kam (56). Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, daß sich viele Besucher zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht im klaren darüber waren, wieviel Geld sie während ihres Urlaubes ausgeben werden, zum anderen spielt hier auch eine bewußte Verweigerung der Antwort eine große Rolle, d.h. viele Befragten möchten über ihr Urlaubsbudget keine Auskunft geben. Bei den restlichen 198 Probanden ergibt sich ein durchschnittlicher Wert von DM 320,- pro Person/Woche. Der größte genannte Wert lag bei 1000,- DM, der niedrigste Wert bei 70,- DM, wobei eine Standardabweichung von DM 181,- vorliegt. Die erwähnte Summe wird direkt vor Ort ausgegeben, d.h. sie wird für Verpflegung, Souvenirkäufe, Auto- bzw. Fahrradanmietung oder Sonstiges ausgegeben. In diesem Fall muß darauf hingewiesen werden, daß aufgrund der hohen Antwortverweigerung die Ergebnisse nicht repräsentativ sind, sondern nur eine Tendenz aufzeigen können. Interessant jedoch ist die Tatsache, daß zwar kein direkter Zusammenhang zwischen der Hotelkategorie und der Höhe der Ausgaben vorliegt, nach Hinzunahme der Kontrollvariable "Aufenthaltsdauer" jedoch ein Interaktionseffekt feststellbar ist. Für einen einwöchigen Aufenthalt steigt mit Zunahme der Hotelkategorie auch die Höhe der Ausgaben, d.h. es liegt ein positiver Zusammenhang zwischen der Hotelkategorie und den Ausgaben vor (Gamma: 0,1). Bei längerer Aufenthaltsdauer ist dagegen ein negativer Zusammenhang feststellbar. Dies unterstützt die These, daß Kurzurlaube in gehobenen Kategorien am ausgabenintensivsten sind (s. Anhang 9).

Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer beträgt 12 Tage (bei einer Standardabweichung von 4 Tagen). Die EMU hat für 1992 einen ähnlichen Wert ermittelt. "...the duration of stay...was more than a week in majority" (AKIS/WARNER 1994, S. 383). In den amtlichen Statistiken ist eine kürzere Aufenthaltsdauer ausgewiesen. Dies ist darauf zurückzuführen, daß bei der vorliegenden Erhebung keine türkischen Touristen berücksichtigt wurden, deren Aufenthalt im Durchschnitt kürzer anberaumt wird (Bayram, "baggage traders").

Auf die Frage "Besuchen Sie im Rahmen Ihres Urlaubes ausschließlich Nordzypern oder auch die Türkei", gaben 88,1 % an, nur Nordzypern zu bereisen. Dies kann auf zwei Tatbestände zurückgeführt werden. Aus dem Prospektmaterial wird ersichtlich, daß sich die kombinierte Reise noch nicht durchgesetzt hat, und es muß darauf verwiesen werden, daß zum Zeitpunkt der Befragung die Türkei als Reiseland, aufgrund der terroristischen Anschläge der PKK, an Beliebtheit eingebüßt hatte.

Frage 11 hinterfragt die Art der Unterkunft. Nachfolgende Tabelle gibt Aufschluß über die Beherbergungswahl. Das Hotel dominiert mit 71 %.

Tab. 8: Beherbergungswahl (absolut und in %)

Unterkunftsartn
 %
Hotel179
71
Appartment43
17,1
Sonstiges29
11,5
K.A.1
0,4
Gesamt252
100

Quelle: Eigene Erhebungen, April 1994

Der hohe Anteil an Hotels läßt sich dadurch erklären, daß die Befragten auch dann diese Kategorie angaben, wenn es sich um eine Kombination aus Hotel- und Appartment-Anlage handelt.

Die zwölfte Frage beschäftigt sich mit der Zufriedenheit der Gäste hinsichtlich der Anreise und Organisation vor Ort sowie der Unterkunft. Folgendes Bild hat sich ergeben:

70,2 % der Befragten waren mit der Anreise und der Gesamtorganisation zufrieden. Bei denjenigen, die diese Frage verneint haben, rangiert bei der Begründung, die Unzufriedenheit mit der Organisation des Fluges (lange Wartezeiten bis zu 5 Std. und eine schlechte Informationslage beim Umsteigen) mit 80 % an erster Stelle. Schlecht organisierte Ausflüge (6,25 %), unerwartete Hotelumbuchungen vor Ort (5 %) und eine vergleichsweise schlechte Organisation im Gegensatz zu Südzypern (1,25 %) gaben Anlaß zur Unzufriedenheit. 7,25 % gaben keine Begründung an. Die hohe Anzahl von zufriedenen Besuchern deckt sich mit den Ergebnissen der Umfrage der EMU. "Even though the tourism sector has many problems, 72 % of the sample stated that they were generally satisfied..." (Akis/Warner 1994, S. 383). Viele Besucher gaben hier zusätzlich an, daß sie auf die Anreiseschwierigkeiten vorbereitet waren. LOHMANN (1993) verweist auf die Tatsache, daß es der menschlichen Psyche entspricht, sich mit dem Vorgefundenen zu arrangieren. Zufriedenheitsuntersuchungen bringen deshalb meist positive Ergebnisse. Dies darf allerdings nicht dahingehend interpretiert werden, daß für Angebotsverbesserungen keine Notwendigkeit besteht (LOHMANN 1993, S.179).

Mit der Unterkunft waren 82,9 % zufrieden, 13,1 % unzufrieden und 4 % gaben keine Antwort. Bei der Begründung für die Zufriedenheit lagen die Antworten "Sauberkeit" und "freundliches Personal" an erster Stelle. Weiter genannt wurden die Lage des Hotels, die Ruhe und das Preis-Leistungsverhältnis.

Auf der Unzufriedensheitsskala rangierten die Antworten "fehlender Komfort", "ungepflegt", "mangelnder Hotelservice", "Hotel entspricht nicht den Prospektangaben" ganz oben. Die hierbei genannten Hotels waren das Park Hotel, das Oskar Hotel, das Dome Hotel, das Dorana Hotel sowie das Acapulco Feriendorf. Mängel treten somit nicht punktuell oder nur in den unteren Hotelkategorien auf, sondern betreffen alle Kategorien und alle Regionen (s. Abb.17).

Die insgesamt hohe Zufriedenheit spiegelt sich auch in dem Wiederkehrwunsch der Touristen wider (Frage 18). Bei einer Antwortverweigerung von 1,6 % und 6 % Unentschlossenen gaben 70,6 % an, nochmals die Region bereisen zu wollen. Es handelt sich hierbei um eine Verhaltensfrage, wobei bei der Interpretation zu beachten ist, daß diese Fragen Verhaltensweisen in der Zukunft ermitteln, die aber mit den tatsächlichen Handlungen nicht übereinstimmen müssen.

Die Ergebnisse der Fragen 15 bis 17 gehören ebenfalls zum Fragenkomplex "Zufriedenheit".

Frage 15 strebt eine Gegenüberstellung mit vergleichbaren Mittelmeerregionen an. 46 % der Befragten stuften Nordzypern besser, 32,1 % gleich und nur 8,3 % schlechter ein, bei 15 Antwortverweigerungen und 19 "Weiß nicht" Kategorien. Als Gründe für die Präferierung der Region gelten in erster Linie die Tatsache, daß noch kein Massentourismus vorliegt sowie die Natur bzw. Ursprünglichkeit und Gastfreundschaft. Anlaß für eine schlechtere Einschätzung gaben die Verschmutzung, die wirtschaftliche Rückständigkeit und die fehlenden Unterhaltungsmöglichkeiten.

Die Ergebnisse wiederholen sich bei den Fragen "Was hat Ihnen in TRNC am besten gefallen?" (Frage 16) und "Was hat Sie in TRNC besonders gestört?" (Frage 17). Mehrfachnennungen waren möglich.

Abb. 14: Was Ihnen in TRNC am besten gefallen?

Summe Befragte: 252

Summe Nennungen: 417

Quelle: Eigene Erhebungen, April 1994

Abb. 15: Was hat Sie in TRNC besonders gestört?

Summe Befragte 252

Summe Nennungen: 210 (62 Personen machten keine Angabe)

Quelle: Eigene Erhebungen, April 1994

In der Rubrik "Sonstiges" wurden u.a. die unterschiedlichen Preise für türkische bzw. sonstige Touristen und das fehlende Flair erwähnt.

Die Ermittlung von Verbesserungsvorschlägen (Frage 17) ergab folgendes Bild:

Abb. 16: Verbesserungsvorschläge für die touristische Infrastruktur

Summe Befragte: 242

Summe Nennungen: 281

Quelle: Eigene Erhebungen April 1994

Die Mehrzahl der Verbesserungsvorschläge zielte auf die Umweltproblematik ab, womit die Dringlichkeit der Lösung dieses Problems vor Augen geführt wird. Am zweithäufigsten wurden Verbesserungsvorschläge bezüglich der Organisation angeführt, wobei vorallem die Anreise gemeint ist. Interessant ist, daß am vierthäufigsten Vorschläge gemacht wurden, die die Bewahrung des Momentanzustandes behandelten. Dies unterstützt die These, daß die Menschen hauptsächlich wegen der unbelasteten Natur nach Nordzypern kommen und dieser Zustand unbedingt bewahrt werden muß.

Frage 13 ermittelt die Informationsquellen, d.h. wie die Besucher auf Nordzypern aufmerksam wurden. Hierbei handelt es sich um eine Hybridfrage, bei der mit der Zusatzkategorie "Sonstiges" neben den vorgegebenen Antwortkategorien eine Möglichkeit der selbstformulierten Antwort einbezogen wird. Mehrfachnennungen waren möglich.

95 der Probanden gaben Privatpersonen als Informationsquelle an. 92 nannten sonstige Quellen (Zufall, Eigeninitiative und Literatur), wohingegen das Reisebüro an letzter Stelle mit 82 Nennungen rangierte ( Summe Befragte: 242; Summe Nennungen 279).

Die Frage 14 "Würden Sie gerne den griechischen Inselteil besuchen" sollte indirekt den Informationsstand der Touristen bezüglich der politischen Situation bzw. der Greenline ermitteln. 181 (71,8 %) bejahten die Frage, 61 (24,2 %) verneinten sie, bei 2 (0,8 %) "Weiß nicht" Antworten und 8 (3,2 %) Antwortverweigerungen. Aufgrund der fehlenden Validität der Daten muß hier aber auf eine entsprechende Interpretation verzichtet werden.

Die Frage nach dem Störfaktor des Militärs (Frage 20) wurde folgendermaßen beantwortet: 157 (62,3 %) fühlen sich nicht gestört (einige empfanden die Militärpräsenz als Sicherheitsfaktor), 83 (32,9 %) betrachten die Anwesenheit des Militär als beeinträchtigend und beunruhigend. 9 verweigerten die Antwort, 3 nahmen keine Stellung. Dies verdeutlicht, daß sich Touristen eher mit den sie direkt betreffenden Parametern auseinandersetzen -Hotel und Strand-, während die politische und soziale Wirklichkeit des Gastlandes verdrängt wird und Land und Leute als Material und Kulisse für ganz persönliche Urlaubsträume genutzt werden (OPASCHOWSKI 1989, S.47).

4.2.3 Analyse der Expertengespräche

Insgesamt wurden 5 Expertengespräche geführt, wobei Probleme der Branche und ihre Ursachen sowie Verbesserungsvorschläge im Mittelpunkt standen. Einig waren sich die Experten, daß die politische Nichtanerkennung Nordzyperns und die Tatsache, daß es keine Direktflüge nach Ercan gibt, das Hauptproblem für die Entwicklung des Fremdenverkehrs darstelle. Ungeschultes Personal wurde ebenfalls als wichtiges Defizit angeführt. Ähnliche Ergebnisse ermittelte die Studie der EMU "Both tourist accommodation establishments and travel agencies report difficulties in the recruitment of personnel" (AKIS/WARNER 1994, S. 385). Kritisiert wurde die Regierung bzw. das Ministerium für Tourismus, Transport und Öffentlichen Dienst (unter Minister Özker Özgür, dem Parteivorsitzenden der CTP) wegen mangelnder Koordination, des Fehlens eines Rahmenplanes, ineffizientem Marketing und unterlassenen Anstrengungen bei der Beseitigung des Müllproblems.

Ahmet Aydeniz, der den neuen Trend im Fremdenverkehr, d.h. die gehobenen Ansprüche der Touristen sehr wohl erkannt hat, ist sich darüber im klaren, daß die Branche noch große Anstrengungen anstellen muß, um den Anschluß nicht ganz zu verlieren bzw. den jetzigen Marktanteil behaupten zu können. "Another significant change is that, what was once enjoyed as a luxury is now a standard demand. Today the entrepreneur must think seriously about these changing habits and reqirements". Er beklagt den Verfall der Dörfer, die ihren medtiterranen Charakter aufgrund des Abfallproblems im Laufe der Jahre immer mehr verloren haben, ebenso wie fehlende stadtplanerische Konzeptionen. Als konkrete Vorschläge zur Aufwertung des Tourismus wurden u.a. Verbesserungen der Hotelausstattungen (Kabel-TV, Direktwahl-Telefone, lärmdämmende Isolierungen, Saunas und Türkische Bäder), der öffentlichen Infrastruktur und des Unterhaltungsangebotes (Bars, luxuriöse Restaurants) genannt. Chancen sieht Ahmet Aydeniz in der verstärkten Vermarktung der Historischen Stätten in Kombination mit landestypischem Kunsthandwerk, wobei professionelles Fachpersonal unerläßlich ist. Er schlägt die Gründung eines unabhängigen Tourismusministeriums vor, ähnlich der CTO in Südzypern, das mit mehr Kompetenzen ausgestattet sein soll und somit größere Flexibilität garantiert. Während andere Experten die Entwicklung des Tourismus in Abhängigkeit von der internationalen Anerkennung sehen, macht Ahmet Aydeniz auf die eigenen Unzulänglichkeiten innerhalb der Branche aufmerksam. "I never think we can put all our national 'disability' down to embargos. Rather, we should study our own abilities and correct ourselves accordingly... A thought I always keep in mind is the 'achievement' of getting fully authorised representatives of European companies providing luxury goods, like expensive cars for our selfish driving demands. Why don´t we make similar unselfish efforts to steer in the right direction towards our targets in tourism?"


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